Under ground in New York: mieser fieser Stadtplan

Der Weg zum Noguchi Museum ist weit. Die Reise beginnt mit der Ahnung, von Midtown Central Station bis Queens Broadway zu fahren und der Ermahnung des Stadtplans, auf Höhe der 30 Ave auszusteigen: N oder W-Linie. Aber warum steht an dem Bahnsteig, an dem man abfahren will diejenige Richtung angezeigt, in die man nicht will? Mehrere Linien sind an einer U-Bahntreppe ausgeschildert. So dass immer eine gewisse Unsicherheit darüber bleibt, ob dieser Zug einen jetzt tatsächlich in die gewünschte Richtung bringen wird. Was aber harmlos ist im Vergleich dazu, die U-Bahn-Station für Downtown oder Midtown zu finden. Straßenblöcke können zwischen den Umsteigestationen liegen. Es reicht nicht mal eben auf die gegenüberliegende Straßenseite zu wechseln wie ich in meiner Gänseblümchen-Welt erwartet hätte. Was aber doch so überlebenswichtig sein kann, wenn die Füße schmerzen, man sich trotz Blasen an den Fersen auch an diesem Tag dem Sog der Stadt hingegeben hat, um eine Straße nach der anderen abzulaufen. Eine U-Bahn-Station ist also nicht immer in der Nähe. So hatte ich von Chinatown schnellstmöglich (little did I know) am Broadway zurück nach Midtown fahren wollen.

Grand Central gar nicht grand
Dumm nur, wenn man Lafayette und Broadway verwechselt, dann merkt, dass der erwähnte Abgang für Midtown mehrere Straßen weiter liegt. (mieser, kleiner Stadtpan) Die Freude gleich neben Grand Central zu wohnen verwandelte sich zuerst in Gleichgültigkeit, später sogar in Widerwillen. Hatte ich doch angenommen, dass bedeute, alle (in Worten: alle) Linien liefen hier zusammen. Stattdessen fahren hier meinen nicht-repräsentativen, empirischen Erhebungen zufolge nicht mehr und nicht weniger als irgendwo anders ab. Nur Reisezüge kann man gut erreichen. Ansonsten muss man irgendwo umsteigen. Will die Reisende etwa mit der grünen Linie von GC aus nach Uptown, müsste sie –laut meiner Deutung des Plans- in der 51 St raus, zwei Blocks weiterhetzen und auf der 53 St wieder, husch, runter in die – ja, was? Orange und blaue Linien fahren hier, was noch nicht bedeutet, dass auch beide anhalten.

Vier Linien mit gleicher Farbe fahren alle in eine andere Richtung
Aber das kann jetzt auch falsch sein, was ich da erzählt. Wie gesagt. Wer soll das kapieren? Am besten gefällt mir die kleine Leiter des Linienplans. Sie verbindet meine (grüne) Linie an der 59St mit der orangefarbenen. Die Reisende sollte nur wissen, in welche der vier orangenen sie klettert, da natürlich alle in eine andere Richtung fahren. Wären wir gerade umgestiegen, führen wir mit V nach Queens. Jetzt kraxeln wir mit dem Finger über die Leiter auf die 63 St/Lexington Ave. Das sind immerhin vier Straßen weiter in die F nach Queens, aber woanders hin. So. Diese vier Linien treffen sich irgendwo zwischen 47 bis 50 St. Und Rockefeller Center zu einer einzigen. Sagt der Plan! Um sich am B’way/Lafayette St wie Zellen zu teilen.

V hat hier Endstation, während F nach Brooklyn zuckelt, B und D über die Manhattan Bridge einen Zentimeter weiter südlich. Die Anschlüsse liegen elendig weit auseinander. Die blauen A, C, E stoppen an der Spring St., für W 4 St könnte ich mich nicht verbürgen, weil da so ein weißer Kreis unschlüssig zwischen blau und orange herumlungert. Warum manche Haltestellen weiß sind, andere schwarz? Ich werde misstrauisch, wenn sich diese weißen Dinger zwischen zwei Linien befinden. Wenn man erstmal in der Bahn sitzt, findet man mehr heraus, falls diese Anzeigetafeln im Wagen leuchten. Falls die Reisende wieder nichts kapiert hat, fährt einen der Zug vielleicht auch per Express in die Bronx und überspringt damit ein paar Linien an der Upper East Side. Was sollten Insassen in einem Expresszug in die Bronx auch dazwischen anfangen?

E-Linie mit unkompliziertem Charakter
Zurück zur blauen Linie. Von Soho Spring St/6Av fahren C und E nach Greenwich. Der nächste Halt ist die 14.St/8Av an der wie aus dem Nichts der A-Zug auftaucht. Wo kommt der her? Wo ist der geblieben? Sie merken, NY pult auch aus dem letzten Stoiker noch eine philosophische Ader hervor. Wahrscheinlich als Selbstschutz, um nicht durchzudrehen. E scheint die Linie mit dem unkompliziertesten Charakter zu sein. Sie verabschiedet sich auf Höhe der 50 St östlich nach Queens. Spannender ist der Weg „southbound“, weil A nicht in der Spring St hält, dafür aber an Canal St wiederauftaucht, wo die blaue Linie sich verzweigt. Eigentlich endet E an der Cortlandt St., die aber zu Ground Zero gehört und noch erneut wird. A und C schlängeln sich dann durch nach Brooklyn.

Eine Metro Card zu kaufen lohnt sich schon bei mehr als drei Tagen Aufenthalt. Die leeren aber unbedingt wegwerfen. Im New Yorker Gedrängel zu Stoßzeiten nach der passenden Karte an den Drehkreuzen suchen zu müssen, während hinten die Massen mit Karacho aufprallen? Lieber nicht darauf hoffen, die Mitmenschen würden wirklich anhalten, um den Vordermensch nicht zu zerquetschen. Wusch die Karte durchziehen und den Metallarm weitergedreht. Auf dem Heimweg von Ground Zero steige ich an einem der ersten Tage hinab zu einer Bahn, von der ich annahm, sie würde nach Hause führen. Die Station war leer. Ein blauuniformierter Mann kehrte den Bahnsteig. Er nahm keine Notiz von mir. Schnell wurde mir klar, dass mich die New Yorker U-Bahngesellschaft beim Verkauf der Karte über den Tisch gezogen habe musste, denn diese Karte war eindeutig leer. Behauptete das Display am Drehkreuz und weigerte sich mannhaft, mich auf den Bahnsteig zu lassen. Für dessen Betreten ich doch rechtmäßig bezahlt hatte. Einverstanden sein konnte ich damit nicht. Was immer auch die Karte anzeigte.

Ich wusste, dass Geld aufgeladen war. Was mir als ausreichender Grund erschien, nachdrücklich an dem Gitter zu rütteln. Was den gleichgültigen Bahnsteigkehrer aktiv werden ließ: Karte durchziehen-piep, 0,00 $-piiiep-nach rechts das Kreuz drehen und durch, erklärte er. Auf keinen Fall nach links. Aber hatte ich doch gar nicht…. Ein junger Asiate trat heran, zog seine Karte durch und bedeutete mir, durchzugehen. Fassungslos. Zwei Tage in NY hatten schon gereicht um auf den Gedanken zu kommen, mir „Danke“ und „Bitte“ völlig abzugewöhnen- geschweige denn mich zu rühren, falls jemand Hilfe brauchen sollte. Und jetzt das.
Kein Zug kam. Am Abend fuhren sie in größeren Abständen. Als aber nur immer der R-Zug einfuhr, dämmerte es mir, dass ich auf dem falschen Bahnsteig saß. Hier war die Station Canal St B’way. Und nicht Kanal St./Lafayette. Zuhause im Hotel fiel mir eine Metrokarte aus der Hosentasche. Ich hatte die neue den ganzen Tag gut aufbewahrt sicher herumgetragen.

Comments

  1. Das spricht mir aus der Seele, in meinem Urlaub hab ich schon an mir gezweifelt da ich absolut nicht durchgesehen hab bei der Metro. Viele zusätzliche Blasen hab ich diesem Wirrwarr zu verdanken gehabt ;)

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  2. Dieser Artikeln errintert mich an meine vorige Ausflug in NY. Fabelhaft!

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